Seiteninhalt

Archivale 05/2010 - Der Gemeinnützige Verein Ratzeburg (Stadtarchiv Ratzeburg Nr. 6604)

In den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts, begann man in Ratzeburg, den Fremdenverkehr gezielt zu fördern. Es bildet sich In Ratzeburg eine sogenannte “Fremdenkommission”, der Dr. Ludwig (Louis) Hellwig, Senator Johannes Spehr, Baukondukteur Graaf und der Kaufmann Moritz Stein angehörten .

Hellwig schreibt in seiner Stadtchronik über diese aus privater Initiative entstandene Kommission:

“Bemerkenswert aus jener Zeit ist die Herausgabe einer großen Stadtansicht und der ‘ersten Ansichtspostkarte’ von Ratzeburg. Dieser ‘Verein zur Hebung des Fremdenverkehrs”, wie er sich später nannte, wurde abgelöst durch den ‘Gemeinnützigen Verein’, der am 22. März 1895 mit 59 Mitgliedern ins Leben trat.” 

ARCHIVALE_MAI_2010
(bitte aufrufen)

Nach dem Statut bestand der Zweck des neuen Vereins “insbesondere in der Begründung und Förderung solcher Einrichtungen, welche geeignet sind, den Geschäfts- und Fremdenverkehr in Ratzeburg zu beleben und das Gedeihen der hiesigen Gewerbe zu fördern.”. 

Ein Rechenschaftsbericht des Vorstandes aus dem April 1898 spiegelt die Aktivitäten der ersten drei Vereinsjahre.

ARCHIVALE_MAI_2010
(bitte aufrufen)

Der Verein wirkte durch

• Inserate in Familienzeitschriften, Tages- und Bäderzeitungen, Reklameartikel und Feuilletons über Ratzeburg in Reisehandbüchern und Touristenblättern,

• Aufstellung von Ruhebänken an verschiedenen Stellen, Erschließung und Instandhaltung von Aussichtspunkten, Aufstellung von Wegweisern, 
  
sowie Pflege der Waldpromenaden und Anlagen,

• Herausgabe eines “Touristenführers für Ratzeburg und Umgegend”

• einen kostenlosen Wohnungsnachweis für Sommergäste und

• Erhaltung bestehender und Einrichtung neuer Verkehrsverbindungen sowie Bemühen um günstige Fahrpreise.

Auch Anfragen Auswärtiger, die beabsichtigten, sich in Ratzeburg niederzulassen, wurden vom Verein beantwortet. 

Die Verbesserung des Service war ebenso Teil der Bestrebungen des Vereins: “Einer Anregung des ‘Verbandes Deutscher Touristenvereine’ folgend, richtete der Vorstand an die Herren Wirte von Ratzeburg und Umgegend ein Rundschreiben, in welchem verschiedene Verbesserungen der spezifischen Einrichtungen für den Fremdenverkehr empfohlen wurden. Es steht zu erwarten, daß etwa vorhandene Mängel [...] inzwischen beseitigt sind, damit unser Ort sich auch in dieser Beziehung eines guten Rufes in Touristenkreisen zu erfreuen hat.”

Der Verein finanzierte sich aus Mitgliedsbeiträgen sowie Unterstützungen der Stadt und der Lübeck-Büchener Eisenbahngesellschaft. 

Während des 1. Weltkriegs und in den ersten Nachkriegsjahren wurden die Bemühungen um eine Förderung des Fremdenverkehrs aus naheliegenden Gründen weitgehend eingestellt. Erst Mitte der 1920er Jahre wurden die Bemühungen um den Tourismus in Ratzeburg seitens des Vereins wieder verstärkt.

Inzwischen hatte die Stadt selbst begonnen, sich über die finanzielle Förderung hinaus für die Tourismusförderung zu engagieren. 1919 wurde zunächst beschlossen, daß je ein Mitglied des Magistrats und des Stadtverordneten-Kollegiums im “Gemeinnützigen Verein” vertreten sein sollte. Im Jahre 1920 trat dann ein entscheidender Wandel ein: Die Stadt machte die Tourismusförderung zu ihrer eigenen Sache, in dem eine neue “Verkehrskommission”  eingerichtet wurde, in der die Aufgaben verschiedener anderer Kommissionen gebündelt wurden, um “die Behandlung aller der Fragen [...], die dazu dienen, den Geschäfts- und Fremdenverkehr in Ratzeburg zu heben und ein Gedeihen des hiesigen Gewerbes zu fördern”. 

Der vom Gemeinnützigen Verein herausgegebene “Führer durch Ratzeburg und Umgegend” wirbt Ende des 19. Jahrhunderts:

ARCHIVALE_MAI_2010
(bitte aufrufen)

“Einen unwiderstehlichen Reiz übt die landschaftliche Schönheit dieses waldumrauschten Inselstädtchens [...] jahraus, jahrein auf die Touristenwelt aus, und es bildet besonders in den Sommermonaten einen beliebten Ausflugsort der Grossstädter, die sich hier - und sei es nur auf einen Tag - an den Naturschönheiten erfreuen und liebliche Bilder der Erinnerung in das Alltagsleben mit hineinnehmen. Aber auch als Sommerfrische erfreut sich Ratzeburg eines zunehmenden Rufes. Es hat zwar keine Thermen oder mineralische Quellen [...] dafür aber reine köstliche Lebensluft, wonnigen Wald und tiefklares Wasser: es ist also ein Platz für Rekonvaleszenten und Gesunde, die fern von den gewöhnlichen Pflichten des Lebens sich für einige Wochen oder Monate köstlicher Ruhe hingeben und neue Kräfte und frische Lust zum ernsten Lebensberuf sammeln wollen.”

Frau Sophie Jessen Reinfeld i.H. (Poststempel Ratzeburg 29.3.1902)

…und Bekannte haben uns ihre Teilnahme gezeigt, unser Stübchen glich einem Blumengarten. Die kirchliche Feier war sehr erhebend u. bei schönstem Sonnenschein traten die Kinder vor den Altar. Gebe Gott, dass sich alle guten Wünsche an unserm Töchterchen erfüllen mögen.
Mit herzl. Gruß wünscht Ihnen ein „frohes Osterfest“ Familie Weinhard

Meinen besten Dank für Ihre Gratulation. Das hübsche Gedicht werde ich mir als Andenken an meinen Konfirmationstag aufbewahren. Herzl. Gruß Ihre F. Weinhard

ARCHIVALE_MAI_2010
(bitte aufrufen)