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Archivale 10/2010 - "Anlegung eines neuen Friedhofs" (Akte Nr. 5067)


Friedhöfe sind nicht nur Orte der Trauer, des Abschiednehmens und des Gedenkens an die Verstorbenen. In ihrer gesamten Anlage und in der Gestaltung der einzelnen Grabstätten spiegelt sich zugleich Kultur und Geschichte derjenigen, die hier ihre Toten begraben. Sie sollten daher nicht als “Endstationen” gesehen werden, die vom Leben unserer Stadt ausgeschlossen sind, sondern als Teil unserer Gemeinden und unseres Gemeinwesens.  


In seinem Buch über historische Friedhöfe in Schleswig-Holstein hat Heiko K.L. Schulze ihre vielfältige Bedeutung treffend formuliert: Friedhöfe sind mit ihren Strukturen, Grabdenkmälern und Bauwerken auch historische Quellen ersten Ranges. Sie geben Auskunft über den Umgang mit Tod und Trauer, sind Zeugnisse einer sich stetig wandelnden Sozial- und Kulturgeschichte und mit ihren prachtvollen Grabmalen Beleg für künstlerisches Schaffen.[1] Die Gestaltung der Friedhöfe ist Ausdruck des individuellen Verhältnisses zu den verstorbenen Angehörigen und des Verständnisses von Tod und Abschied.

 

In der Stadt Ratzeburg gibt es heute sechs Friedhöfe, eine erstaunliche Zahl, die sich aus der jeweils eigenen Geschichte der einzelnen Kirchengemeinden erklären lässt. Die Friedhöfe werden beginnend im Westen mit dem St. Georgsberger Friedhof und dem Militärfriedhof vorgestellt. Es folgt der Domfriedhof auf der Insel, dann der Friedhof am Steindamm, der für die Gemeinde St. Petri angelegt wurde, der Friedhof an der Seedorfer Straße und schließlich der katholische Friedhof am Weg nach Salem. 

Ursprünglich befand sich auch um die Kirche St. Petri herum ein Friedhof. Auch in der Kirche wurden Verstorbene beigesetzt. Die letzte Beisetzung in der alten Kirche war die des Superintendenten  Alberti 1787. Im Juli 1787 wurde die alte St. Petri-Kirche abgerissen und anschließend mit dem Neubau nach dem Plan des Baumeisters Labes begonnen. Der Neubau konnte am 27. November 1791 eingeweiht werden.

Der Friedhof am Steindamm wurde am 14. Februar 1788 eingeweiht mit der Beerdigung der Witwe Harms, Hebamme aus Ratzeburg, die im Alter von “ungefähr 60 Jahren” verstorben war.[2] Als die beiden einander gegenüber liegenden Friedhöfe am Steindamm voll belegt waren, wurde 1860 der Friedhof an der Seedorfer Straße angelegt. 

ARCHIVALE_OKTOBER_2010
Plan zur Anlegung des neuen Friedhofs
(bitte aufrufen)

Die weitgehende Belegung des Friedhofs am Steindamm machte Ende der 1850er Jahre die Anlage eines neues Friedhofs erforderlich. In den Jahren 1858/59 wurden dazu erste Gespräche geführt und nach einem dafür geeigneten Platz gesucht.

ARCHIVALE_OKTOBER_2010
Schreiben des Konsistorium vom 14.11.1859
(bitte aufrufen)

Das Konsistorium als oberste kirchliche Behörde des Herzogtums Lauenburg genehmigte am 14. November 1859, “daß auf dem neben der Chaussee nach Ziethen belegenen Kirchenacker ein neuer Kirchhof für die hiesige St. Petri-Gemeinde angelegt werde”.

 



Der Friedhof an der Seedorfer Straße konnte am 28. August 1860 eingeweiht werden. Anfang der 1890er Jahre wurde eine Erweiterung notwendig, wozu ein Teil des sich anschließenden (1.) Pfarrackers hinzu genommen wurde. Dieser Teil des Friedhofs wurde am 17. Januar 1893 geweiht. [3]
 

[1] Heiko K.L. Schulze: “...darauf man mit Andacht gehen kann” Historische Friedhöfe in Schleswig-Holstein. Heide 1999.

[2] Kirchenbuch St. Petri.

[3] Vgl. Stadtarchiv Ratzeburg Nr. 5067 “Anlegung eines neuen Kirchhofes”.