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Archivale 03/2011 - Karl Pechascheck - „Ein alter Ratzeburger malt Alt-Ratzeburg“

„Lächeln ist das Kleingeld des Glücks!“ – Diesen Ausspruch Heinz Rühmanns hat sich Karl Pechascheck zum Lebensmotto gewählt und es ist ihm in den Jahrzehnten seines Wirkens als Theatermann immer wieder gelungen, seinen Zuschauern ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.   


Es dürfte kaum einen älteren Ratzeburger geben, dem Karl Pechascheck nicht bekannt ist. Wenn von Ratzeburger Originalen die Rede ist, dann darf sein Name mit Sicherheit nicht fehlen. Allerdings sind es weniger die Bilder, die wir Ihnen heute präsentieren, als vielmehr seine Puppenbühne, mit der er sich weit über die Grenzen der Stadt und des Kreises hinaus einen Namen gemacht hat. 

Karl Pechascheck wurde am 5. März 1894 als Sohn des Tischlers Robert Heinrich Karl Pechascheck und seiner Frau Marie Dorothea Catharine, geb. Steffen in Ratzeburg geboren. Karl Pechascheck lernte zunächst das Malerhandwerk. Er fühlte sich aber schon in jungen Jahren zur Schauspielerei hingezogen und wirkte in vielen Rollen als Statist am Lübecker Stadttheater mit. Auch im Ersten Weltkrieg hat er im „Front-Theater“ selbst auf der Bühne gestanden. 

Die Faszination für das Puppenspiel ergriff ihn im Jahr 1929 bei einem Gastspiel der berühmten „Hohnsteiner". Pechaschecks Debüt war „Dr. Faustens Höllenfahrt“, ein Stück, das einen festen Platz in seinem Repertoire erhielt. Mit zahlreichen anderen, meist selbst verfassten Stücken reiste der Puppenspieler in Deutschland herum.  Im Zweiten Weltkrieg war Karl Pechascheck in der Truppenbetreuung eingesetzt.

Nach dem Krieg stellte die Landespolizei Schleswig-Holstein seinen Kasper in den Dienst der Verkehrserziehung. Hardy Krüger, Hans Häckermann und Siegfried Munz haben bei Pechascheck erste Theatererfahrungen gesammelt. 


 
Am 2. Dezember 1974 gab Pechascheck in Kiel zum 45-jährigen Jubiläum seiner Puppenbühne eine Jubiläumsvorstellung, die gleichzeitig seine Abschiedsvorstellung war – die Geschichte des Dr. Faust, die am Anfang seiner Laufbahn gestanden hatte, bildete nun auch den Abschluss. 

Karl Pechascheck hat sich darüber hinaus auch als Hobby-Stadthistoriker betätigt und Eindrücke, Geschichten sowie Gespräche mit Ratzeburger Persönlichkeiten auf Tonband aufgenommen. Das Archiv der Stadt Ratzeburg besitzt einen Fundus von 7 Bändern mit über 7 Stunden Aufnahmen, die auch in digtalisierter Form vorliegen. Darunter befinden sich regelrechte Schätze, wie einige vertonte Bühnenstücke, die zum Teil auch auf plattdeutsch gesprochen sind. Sie können diese Aufnahmen in Kürze in der Stadtbibliothek auf DVD ausleihen.

Karl Pechschek

Karl Pechascheck beschreibt den Ratzeburger Marktplatz (Teil 1)

Karl Pechschek

Karl Pechascheck beschreibt den Ratzeburger Marktplatz (Teil 2

Erst in den späten Lebensjahren widmete sich der Puppenspieler seiner zweiten großen Leidenschaft, der Malerei. Anfang der 1960er begann der Autodidakt, der in seiner Jugend viel gezeichnet hatte,  Bilder seiner Heimatstadt zu malen. Nur zum Teil entstanden die Gemälde in der freien Natur, vieles malte Pechascheck aus dem Gedächtnis zu Hause. Auch historische Stadtansichten nahm er sich zum Vorbild und malte sie nach.


Im Oktober 1977 eröffnete die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg in der Eingangshalle ihres Ratzeburger Hauptgebäudes eine große Ausstellung, die ausschließlich den Alt-Ratzeburger Stadtansichten Pechaschecks gewidmet war.

Pechascheck hat auf diesen Bildern zahlreiche idyllische Winkel der Inselstadt festgehalten, die der Stadtsanierung der sechziger und siebziger Jahre zum Opfer fielen, um Platz für Neues zu schaffen.


Der überwiegende Teil der Bilder, die damals gezeigt wurden, war Eigentum der Kreissparkasse. Besonders der damalige Direktor der Kreissparkasse, Walter Dohrn, den Pechascheck als „Mäzen“ bezeichnete, hatte sich um den Ankauf der Bilder bemüht. 

Pechascheck malte hauptsächlich in Öl. Den Wert seiner Bilder schätzte selbstkritisch mit einem Zitat von Joachim Ringelnatz so ein: 

„Ich werde nicht enden zu sagen: Meine Bilder sind schlecht. Ich werde Gedanken tragen als Knecht. Ich werde sie niemals meistern. Und doch nicht ruhn. Soll mich der Wunsch begeistern, es besser zu tun.“


Es ist nicht so sehr der künstlerische Wert, der seine Bilder auszeichnet, sondern der liebevolle Blick auf „sein“ Ratzeburg. Seine Bilder halten die Erinnerung an ein Stück Heimat wach, dass es so nicht mehr gibt. Diejenigen, die diese Erinnerung teilen, werden sich glücklich schätzen, Karl Pechaschecks Bilder in dieser Ausstellung wiedersehen zu können. Wir sehen etliche Häuser in der Fischerstraße, die alte katholische Kirche oder das Haus des Glasers Krohn in der Kurzen Straße.
 



Weitere Bilder sind hier in einer Diashow zusammengestellt.
(bitte aufrufen)

Pechascheck, der zuletzt in der Rathausstraße wohnte, starb am 9. April 1978 kurz nach Vollendung seines 84. Geburtstages  in seiner Heimatstadt. Viele zeigten sich von dem plötzlichen Tod des „Seniors der Puppenspieler“ überrascht, war ihm doch seine geistige und körperliche Vitalität bis zum Schluss erhalten geblieben. 

ARCHIV_PECHASCHECK
(bitte aufrufen)

Nach seinem Tode wurden einige seiner Freunde gebeten, den Verstorbenen in einigen kurzen Sätzen zu charakterisieren. 

Adolf Tredup: „Er war ein künstelnder Mensch, dem es leider in der Jugend an der nötigen Ausbildung gefehlt hat. Als Puppenspieler war er ja weit über die Grenzen Ratzeburgs bekannt. Karl war ein netter Kerl, aber mit Vorsicht zu genießen. Er war etwas selbstherrlich und führte gern das Wort, ließ andere dann kaum zu Wort kommen. Ein herzensguter Kerl mit vielen guten und auch manchen schlechten Seiten. Das letzte Ratzeburger Original.“ 

Pastor Gleimann: "Karl war ein Liebhaber des Lebens. Er hat es verstanden, das Leben von der guten Seite zu nehmen und die schlechten Seiten zu überspielen. Er hat sich immer gerühmt, im Krieg keinen einzigen scharfen Schuss abgegeben zu haben. Karl war sehr kritisch anderen gegenüber, aber Kritik an der eigenen Person konnte er nicht vertragen. Im Krieg verstand er es, Leute humorvoll zu karikieren. Karl Pechascheck war ein liebenswürdiger Mensch, aber mit Kanten. Ein handwerklich geschickter Mann mit einem ausgeprägten Gedächtnis […] Von seinen Freunden wurde er auch ‚Kasperscheck’ gerufen." 

H.E. Wohlfahrt: "Ein Mensch mit immer aktiven Ideen, er steckte förmlich voller Ideen. Karl war ein unbequemer Mensch. Obwohl er immer wieder seine Abschiedsvorstellung gab, war es nie die letzte, so sprühte er vor Vitalität und Ideen. Karl Pechascheck bestand nur aus positiver Kritik. Er war ein „Kauz“."

Die Kreissparkasse hat die Sammlung der Pechascheck-Bilder im vergangenen Jahr dem Archiv der Stadt Ratzeburg überlassen. Dieses großzügige Geschenk nimmt die Stadt Ratzeburg nun zum Anlass, die Bilder von Karl Pechscheck erstmalig seit mehr als 30 Jahren im Rahmen einer kleinen Ausstellung öffentlich zu präsentieren. "Pechaschecks Bilder sind insbesondere in stadtgeschichtlicher Hinsicht ein kleiner Schatz", freut sich Stadtarchivar Christian Lopau über diesen unerwarteten Zugang in sein Archiv. "Vor allem bilden sie auch eine hervorragende, historische Brücke zum Jahresthema unseres digitalen Stadtgedächtnisses den 'Ratzeburger Baugeschichten' ". 

Die Ausstellung wird am 25. Februrar 2011, um 15:00 Uhr im Ratssaal der Stadt Ratzeburg mit einem Vortrag von Christian Lopau eröffnet und läuft bis zum 25. März 2011 während der allgemeinen Öffnungszeiten des Rathauses.