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Archivale 04/2010 - Das Protokollbuch der Feuergrefen (1672 – 1736 / 1833 – 1834 / 1842)


Bevor 1866 in Ratzeburg die Freiwillige Feuerwehr gegründet wurde, waren die Feuergrefen für den Brandschutz in der Stadt verantwortlich. Das Kollegium bestand aus den beiden jüngsten Ratsherren, den sogenannten Bauherren, und vier weiteren angesehenen Bürgern, die gemeinsam für die Aufsicht über Gebäude und Feuerstellen zuständig waren. Es handelte sich um eines der wichtigsten bürgerlichen Ämter in der Stadt.

Im Artikel 34 der Polizeiordnung des Herzogs Franz II. aus dem Jahr 1582 werden die Zusammensetzung und die Aufgaben näher bestimmt. Der folgende Artikel (Nr. 35) regelt in der „Feuerordnung“, welche Vorsichtsmaßnahmen durch die Bürger der Stadt zu treffen waren.

Feuerordnung 1582

 

“Wenn wegen Feuersnot bei Tag oder Nacht ein Geschrei oder Glockenschlag würde, soll der Quartiermeister, welches Quartier die Wacht an der Langen Brücke hat, die Wacht für der langen Brücke nach Gelegenheit mit 2 oder 3 Personen stärken, die Brücke aufgezogen und verschlossen gehalten werden.

 

Der Wasserführer aber, oder wer sonsten Pferde und Karren hält, sollen Wasser zuführen, und  soll dem, so die erste Fuhre zum Feuer bringet, 4 ß, dem andern 2 ß und dem dritten 1 ß aus dem gemeinen Gute zu Dankgeld gegeben werden.

 

Es sollen auch ein jeder Amt oder Gilde 1 lange Feuerleiter und 6 lederne Eimer zu halten schuldig sein, und sollen die Leitern an einem besonderen Ort verordnet, die Eimer aber aufs Rathaus gehänget werden. Es soll auch ein jeder Bürger bei seinem Hause eine lange und eine kurze Leiter, welcher er außerhalb des Hauses an der Wand hangen soll, und einen ledernen Eimer halten, und wann (...) Feuer auskommt, den Eimer bei das Feuer schicken. (...) Wann nun Feuer auskommt (...) sollen die, so es auskommt, schuldig sein, das Feuer unverzögerlich zu beschreien und Hilfe zu rufen (...) Alle Zimmer- und Mauerleute, Meister und Gesellen, item die Träger und alle, die um Tagelahn arbeiten, und ein jeder Bürger sollen bei Verlust der Stadtwohnung schuldig sein, sobald ein Feuer auskommt, demselben zuzulaufen und retten helfen. Und wenn einer von denselbigen durch das Feuer am Leibe beschädigt würde, soll ihm sein Schade von der Gemeine gebessert werden. (...) Bei Nachtzeit, wenn kein Mondschein und solche Not vorhanden, soll ein jeder Bürger eine Laterne mit Lichtern für der Tür hängen haben, damit man sich auf der Gasse umsehen könne.”

Für Verstöße gegen die Feuerordnung wurden zum Teil empfindliche Geldbußen angedroht, die in die Kasse der Feuergrefen flossen. Daraus wurde ein jährliches Festmahl finanziert, das offenbar so hohe Kosten verursachte, dass die Polizeiordnung sie soweit beschränkte, „dass hinfürder zu einer Feuergrefenköste nicht mehr als eine Mahlzeit zu 4 Essen mit Käse und Butter gespeiset, dazu über 16 Personen nicht gebeten und 1 Tonne Bier soll ausgetrunken werden”.


Vierteljährlich waren die Gebäude und Feuerstätten zu kontrollieren und die übrigen Vorsichtsmaßnahmen zu überwachen. Jeder Bürger musste Ledereimer und Leitern vorweisen können und im Sommerhalbjahr musste eine Tonne mit Wasser vor dem Hause stehen. Auch die Sauberkeit von Straßen und Gassen wurde überprüft, „dass die Steinpflaster auf den Gassen von einem jeden in guter Besserung und mit wöchentlichem Abkehren sauber gehalten und der Unflat alle Woche von den Gassen weggebracht werde.“

Die Feuergrefen wirkten zudem auch im Bauwesen der Stadt mit: “Wenn ein Bürger ein neues Haus bauen will, müssen die Bauherren und Feuergrefen tätig werden, damit alles ordnungsmäßig geschieht.”

Von den Feuergrefen wurde erwartet, dass sie sich vorbildlich verhalten: “Der Feuergrefe muss der Bürgerschaft mit gutem Beispiel vorangehen, die Feiertage nicht entheiligen und arbeiten, sonst verfällt er doppelter Strafe(...) Jeder Feuergräfe muss seinen Kirchenstuhl am Sonntag einnehmen, wenn er nicht krank oder sonst verhindert ist, sonst zahlt er 4ß Strafe.” 

Im Falle eines Brandes waren „alle Zimmer- und Mauerleute, Meister und Gesellen, item die Träger und alle, die um Tagelohn arbeiten, und ein jeder Bürger“ verpflichtet, bei der Bekämpfung des Feuers zu helfen.

Die Stadt war in vier Quartiere unterteilt. Jedem der Quartiere standen zwei Quartiermeister vor, die mit den Feuergrefen zusammenarbeiteten. In jedem Quartier gab es einige Rotten von je 10 Mann die von den Rottmeistern geleitet wurden und Wachtdienst und Löscharbeiten zu leisten hatten.

Wer dabei zu Schaden kam, erhielt eine Unterstützung durch die Stadt. Denjenigen, die zuerst mit einer Fuhre Wasser an der Brandstätte eintrafen, wurde eine Belohnung versprochen: „Wenn aber das Feuer gelöscht, soll man die Eimer auf dem Markt wieder zusammenbringen und ein jeder den seinen wieder zu sich nehmen.“

Als besondere Gefahren galten seinerzeit "Dreschen bei künstlichem Licht" oder "falsche Lagerung des eingebrachten Futters oder des Flachses". Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen lesen wir, dass bis ins 17. Jahrhundert mehrere schwere Stadtbrände Ratzeburg heimsuchten.

Das vorliegende Protokollbuch beginnt mit der Abschrift eines Schriftstücks, das man 1622 in der Feuergrefenlade gefunden hat. Darin sind in 13 Abschnitten grundsätzliche Bestimmungen festgehalten:

I           Anzahl, Wahl, Bestätigung und Grundsätzliches zum Amt der Feuergrefen

II          Die Zusammenkünfte der Feuergrefen

III        Der Teerkessel

IV        Die Feuergrefenlade

V         Die Beisitzer

VI        Strafen

VII       Die Feuerordnung

VIII      Die Einnahme der Strafen

IX        Der Ungehorsam der Straffälligen

X         Inventar der Feuergerätschaften

XI        Klagen

XII       Besichtigungen

XIII      Das Verhalten der Feuergräfen

Auch der Wortlaut des Feuergrefen-Eides, der beim Amtsantritt geleistet werden musste, ist im Protokollbuch wiedergegeben. Es folgen die Namen der neuen Amtsinhaber, die Protokolle der regelmäßigen Brandschauen und die Ergebnisse der von den Feuergräfen vorgenommenen Taxationen von Gebäuden in der Stadt. 


Als 1866 die Freiwillige Feuerwehr in Ratzeburg gegründet wurde, traten zunächst 55 Mitglieder in die Wehr ein. Die alten Gerätschaften zum Feuerlöschen waren in dieser Zeit selbstverständlich noch im Einsatz:

  • drei große und zwei kleinere Spritzen mit den dazugehörigen Schläuchen und Apparaten
  • drei große Wasserwagen, jeder mit zwei Fässern nebst Trichtern und Abzugsröhren
  • 113 lederne und 46 blecherne Eimer
  • 7 hölzerne Handspritzen
  • 10 Feuerhaken
  • 9 Feuerleitern und
  • 3 große Wasserschleifen.