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08.09.2016

57. Internationales Fechtturnier ,,Alte Salzstraße"

98 Aktive aus zehn Nationen kreuzten bei der 57. „Alten Salzstraße“ in der Riemann-Halle die Klingen zum Auftakt der internationalen Wettkampfsaison nach den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro. 57 Starter im Herren-Degen, 34 Fechterinnen im Damen-Degen und 7 im Damen-Florett aus Afghanistan, Belgien, Dänemark, Lettland, den Niederlanden, Russland, Schwe­den, Spanien, Ungarn und Deutsch­land traten beim Turnier des Fechtclubs Inselstadt Ratzeburg. Mit Vadim Kulesovs und Abdul Faqizadah waren erstmals ein lettischer und ein afghanischer Fechter vertreten. Nach 814 Gefechten standen die Sieger schließlich fest.

Toni Kneist hat den „Alte Salzstraße-Bann" gebrochen
Endlich der Turniersieg im Herren-Degen

Der Fluch der Riemann-Halle scheint von Degen-Fechter Toni Kneist genommen zu sein. Nachdem er sechs Mal beim internationalen Fechtturnier „Alte Salzstraße“ seine Finalgefechte verloren hatte und auf Platz zwei landete, hatte der 32-Jährige vom PSV Berlin jetzt allen Grund zu jubeln. Bei der 57. Ausgabe des traditionsreichen Turniers des Fechtclubs Inselstadt Ratzeburg besiegte der mehrfache deutsche Hochschulmeister den Mannschafts-Junioren-Weltmeister Lukas Bellmann vom TSV Bayer Leverkusen. Mit 14:12 Treffern gewann der Berliner Ingenieur gegen den 21 Jahre alten Studenten, der bereits 2013 den zweiten Platz belegt hatte. 

Im Halbfinale schien zunächst Endstation für Kneist zu sein. Gegen den dänischen Kadettenmeister Kenneth Knudsen (KFK Kalundborg) lag er deutlich zurück. Der 18 Jahre alte Skandinavier beherrschte den Berliner, ließ sich dann aber von Kneist unter Druck setzen und ans Bahnende treiben. Dabei machte er Fehler, die der PSV-Fechter eiskalt ausnutzte. Mit 12:13 Treffern ging schließlich der Däne als Verlierer von der Bahn. 

Im Degen-Endkampf der Herren ging Toni Kneist für seine Verhältnisse sehr ruhig und konzentriert ans Werk – Kneist gilt als einer, der auf der Fechtplanche schon gern mal mosert und lamentiert. Der Berliner holte einen Rückstand gegen Lukas Bellmann auf und bewies in den Finalsekunden die bessere Übersicht. Zunächst wehrte Kneist eine Attacke Bellmanns ab und setzte selbst den Treffer zur 13:12-Führung. Die Nerven wurden bei beiden Fechtern nun reichlich strapaziert: Da die Uhr des Treffermeldegerätes plötzlich nicht mehr die eigentlich verbliebenen wenigen Sekunden Kampfzeit anzeigte, sondern auf null sprang, gab es einige Diskussionen zwischen Obmann Martin Hechler und den Fechtern. Schließlich wurde die Uhr auf acht Sekunden gestellt und das Gefecht fortgesetzt. Lukas Bellmanns Blitzangriff aber blieb erfolglos, stattdessen fing er sich selbst den entscheidenden Treffer ein. Den dritten Platz teilten sich Kenneth Knudsen und der Bremer Meister Wladimir Welsch (Bremen Nord). Die Ratzeburger Starter zeigten sich – ungewollt – als sehr zurückhaltende Gastgeber: Thore Warter erreichte Rang 45, Mark Oliver Kraft wurde 48. Für Toni Kneist ist das Thema Ratzeburg und „Alte Salzstraße“ nach seinem ersten Turniersieg und sechs zweiten Plätzen noch nicht beendet: „Es bleibt noch einiges aufzuarbeiten, ich komme wieder!“ 

Berliner Schwestern Kim Kirschen und Julia Wagner in Ratzeburg erfolgreich mit Florett und Degen

In überzeugender Manier setzte sich Julia Wagner vom SC Berlin im Damen-Degenfechten durch. Die 27 Jahre alte Trainerin, die bereits 2009 und 2014 in Ratzeburg auf dem Siegertreppchen gestanden hatte und Vierte der deutschen Rangliste ist, musste gegen Janina Andersch vom TSV Berlin-Wittenau zwar den ersten Treffer hinnehmen, bekam aber das Finalgefecht schnell in den Griff. Ohne große Mühen siegte die deutsche Meisterin von 2006 deutlich mit 15:7. Die dritten Plätze belegten die Ungarin Katalin Varnay (Hamburger FC, Siegerin von 2003) und Hannah Kraken (Elmshorner MTV). 

Die frisch verheiratete Turniergewinnerin aus der Berliner Fechtfamilie Kirschen betonte nach ihrem Sieg den besonderen Reiz des Wettkampfs in der Inselstadt: „Hier haben wir die Chance, zum Saisonauftakt in vielen Runden viele Gefechte zu absolvieren, wieder in den richtigen Rhythmus zu kommen. Deshalb kommen wir so gern nach Ratzeburg.“ 

Mit einem überzeugenden Schlussspurt hat die Berlinerin Kim Kirschen, die jüngere Schwester von Degen-Siegerin Julia Wagner, den Florett-Wettbewerb der „Alten Salzstraße“ für sich entschieden. In einem zunächst sehr ausgeglichenen Gefecht setzte sich die 19-jährige deutsche Juniorenmeisterin mit 15:11 Treffern gegen die für den ETV Hamburg startende, 24 Jahre alte Russin Veronika Goncharóva durch. Den dritten Rang belegten gemeinsam die Team-Vize-Europameisterin Hilke Kollmetz (HFC Lübeck) und die brandenburgische Landesmeisterin Laura Behling (OSC Potsdam). 

Dass das Ratzeburger Turnier in diesem Jahr zu einem wahren Berlin-Festival wurde, lag auch an einem Dritten aus der Kirschen-Familie. Vater Uwe nahm bereits zum 25. Mal an der „Alten Salzstraße“ teil und erreichte das K.o.-Finale im Degen. Der 49-Jährige wurde schließlich Sechster und komplettierte so den generationenübergreifen Familien-Erfolg. 

Viel Lob erhielten die Organisatoren des traditionsreichen Turniers. Ratzeburgs Bürgermeister Rainer Voß betonte bei der Siegerehrung auch im Namen von Bürgervorsteher Ottfried Feußner die Bedeutung des Sportereignisses für die Stadt und die Region. „Wir sind stolz darauf, dass der Fechtclub Inselstadt Ratzeburg jedes Jahr das Internationale Fechtturnier ausrichtet und mit dieser Tradition viele Interessierte nach Ratzeburg lockt.“ 

„Bei aller Spitzenleistung auf der Fechtbahn steht die freundschaftliche Atmosphäre bei uns zum Saisonauftakt im Vordergrund – ob Spitzen- oder reine Hobbyfechter, bei uns kommt die Fechtfamilie über viele Grenzen hinweg zusammen“, sagte Angelika Wolf, Vorsitzende des Fechtclubs Inselstadt Ratze­burg. „Das scheint der besondere Reiz unseres Turnierkonzeptes zu sein, das für Sportlerinnen und Sportler aus vielen Nationen so attraktiv ist.“ Der FCIR könne als kleiner Verein solch ein Fechtsportereignis auf diesem hohen Niveau aber nur vorbereiten und umsetzen, wenn es vielfältige Unterstützung gebe: von den Mitgliedern, aus dem Kreis, der Stadt, dem Umfeld gebe. „Noch ist dies stets gelungen …“ So seien als Wirtschaftspartner die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft im Kreis Herzogtum Lauenburg (WFL), der Fechtausrüster allstar und die ews group engagiert dabei. 

Teilnehmer aus nah und fern bedankten sich nach Abschluss des Turniers per Email beim Fechtclub Inselstadt Ratzeburg für die Ausrichtung, so zum Beispiel ein Berliner Fechter: „Gratulation zu einem mal wieder gelungenen Turnier! Bis zum nächsten Jahr!“.