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Archivale 05/2016 - Die Polizeiordnung der Stadt Ratzeburg von 1582

Mit Unterstützung der Fielmann-Stiftung konnte im Jahr 2012 auf einer Auktion der vorliegende Band für das Stadtarchiv Ratzeburg erworben werden.

Auf dem Deckel sind die Buchstaben H und D sowie die Jahreszahl 1609 eingeprägt. Der Band enthält neben einer Abschrift der Ratzeburger Polizeiordnung von 1582 eine Ratzeburger Gerichts- und Prozessordnung und die Hofgerichtsordnung des Herzogtums Lauenburg.

Am Schluss des Buches befindet sich ein Ratzeburger Acker-Register von 1592.

Der stadtgeschichtlich interessanteste Teil ist sicher die Polizeiordnung von 1582. Sie wurde von Herzog Franz II. von Sachsen-Lauenburg erlassen. Der Begriff „Polizei“ ist dabei in einer sehr viel umfassenderen Bedeutung als heute zu verstehen. Aus dem griechischen „politeia“ abgeleitet war damit ursprünglich die gesamte innere Ordnung eines (Stadt-) Staates gemeint. In der Präambel ist diese umfassende Zielsetzung formuliert. Die Ordnung solle „zur Erhaltung christlicher Religion und guter Polizei Unserer Stadt Ratzeburg zu Nutz, Gedeihen und Wohlfahrt“ dienen.

Franz II., der von 1581 bis 1619 regierte, gilt als einer der bedeutendsten Fürsten des Herzogtum Sachsen-Lauenburg, unter dessen Herrschaft das Land „einen ersten wirklichen Höhepunkt an Macht und Ansehen“ erlangte, wie Hans-Georg Kaack in seiner Stadtchronik schreibt.

In seiner Regierungszeit legte er die Grundlagen für eine in die Zukunft gerichtete Entwicklung des Landes, in dem er Verwaltung und Rechtswesen ordnete. Es gelang ihm, „eine funktionierende Regierung, ein die geistliche Verwaltung erledigendes Konsistorium und ein die Rechtsprechung unabhängig vornehmendes Hofgericht einzurichten. Damit wird der Weg zum modernen Staat beschritten.“ (Kaack, Ratzeburg, S. 87)

In der Union der Ritter- und Landschaft (1585), mit der die Rechte der Stände geregelt werden, wurde die verfassungsmäßige Basis gelegt. Die ebenfalls aus dem Jahr 1585 stammende Kirchenordnung hat bis in unsere Gegenwart Gültigkeit besessen. Für die Ordnung der inneren Verwaltung war die Einrichtung einer Kanzlei mit ausgebildeten Beamten (Kanzleiordnung von 1605) ein wichtiger Schritt.

Während die Kirchenordnung, die ja für alle Gemeinden des Landes Gültigkeit hatte, schon kurz nach ihrem Erlass in einer gedruckten Fassung veröffentlicht wurde, hat die Polizeiordnung nur handschriftlich zum Gebrauch der Behörden vorgelegen.

Verfasser der Ratzeburger Polizeiordnung war der Kammersekretär Friedrich Äpinus, der in Wittenberg und Rostock Jura studiert hatte und seit den 1570er Jahren in Diensten von Herzog Franz II. stand.

Die Polizeiordnung bildete den rechtlichen Rahmen für das gesamte städtische Leben. Stadtverfassung, Stadtverwaltung und weitere Bereiche des öffentlichen Lebens werden in den Statuten geordnet.

Polizeiordnung der Stadt Ratzeburg von 1582 
(bitte aufrufen)

Die einzelnen Statuten geben uns Auskunft über die Ratsverfassung, die zivile, freiwillige und die Kriminalgerichtsbarkeit, das Bürgerrecht, die bürgerlichen Ämter und die Bediensteten der Stadt. Allgemeine Sicherheit und Ordnung werden ebenso geregelt wie Handel und Gewerbe.

Als der „Verein für die Geschichte des Herzogtums Lauenburg“ die Polizeiordnung für Ratzeburg und Lauenburg 1890 drucken ließ, urteilte der Herausgeber Dr. Carl Günther in seiner Einleitung:

Die Ordnungen „geben ein bis ins Einzelne genaues Bild des städtischen Lebens, wie es sich fast durch drei Jahrhunderte in seinen rechtlichen Grundlagen unverändert erhalten hat, während natürlich die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse sich allmählich änderten und die hier gezogenen engen Grenzen ganz unmerklich mehr und mehr überschritten.“ Die Polizeiordnung, die den größten Teil unserer Quelle ausmacht, ist bis zur Einführung der preußischen Städteordnung im Jahre 1872 in Kraft gewesen.