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09.05.2018

Ratzeburgs Stadtarchiv im "Schattendasein"

Stadtarchivar Christian Lopau legt jährlichen Archivbericht vor

Stadtarchivar Christian Lopau hat seinen Arbeitsbericht der Archivgemeinschaft »Nordkreis Herzogtum Lauenburg« für das Jahr 2017 vorgelegt, zu der die Stadtarchive Mölln und Ratzeburg sowie die Amtsarchive Berkenthin, Breitenfelde, Lauenburgische Seen und Sandesneben Nusse gehören. Der Bericht skizziert die Vielfältigkeit der Archivarbeit, deren Betätigungsfelder von der Verwaltung des Archivgutes, über öffentliche Informationsveranstaltungen und  Veröffentlichungen bis zur Mitwirkung an Projekten mit historischen Bezügen sowie besonderen Jubiläen und Jahrestagen reichen.

Die Situation des Ratzeburger Stadtarchivs, das nunmehr drei Jahre eingelagert ist, bezeichnet Stadtarchivar Christian Lopau als desolat. Der zuständige Fachausschuss machte sich dazu im Mai 2017 selbst ein Bild von der derzeitigen Unterbringung und besichtigte auch die zukünftigen Räumlichkeiten im Gebäude des ehemaligen Lehrerseminars. Dabei wurde deutlich, wie stark die Arbeit des Archivs durch die Situation eingeschränkt ist. Der überwiegende Teil des Archivgutes steht weder der Öffentlichkeit, noch der Verwaltung zur Verfügung. Es kann auch nicht kontrolliert werden, welche Auswirkungen die jahrelange Lagerung in Umzugskartons für das Archivgut hat.

Trotz der sehr schwierigen Lage versucht Christian Lopau den Archivbetrieb nach Möglichkeiten aufrecht zu erhalten und den eingehenden Anfragen gerecht zu werden. Insgesamt wurden 2017 im Ratzeburger Stadtarchiv 110 Nutzungen des Stadtarchivs registriert, die sich wie folgt klassifizieren lassen:

Zweck

 

Art

 

Wissenschaftlich

14

Persönlich

14

Schulisch

0

Telefonisch

19

Beruflich

19

Schriftlich

21

Amtlich

10

Email

56

Privat

67

 

 

 

110

 

110

Veranstaltungen

Darüber hinaus konnte das Ratzeburger Stadtarchiv bei verschiedenen Veranstaltungen mitwirken und auch ein neues Format entwickeln, um Ratzeburger Stadtgeschichte lebendig zu vermitteln.

So wurde die Reihe der Fortbildungsveranstaltung für die Gästeführer mit folgenden Themen fortgesetzt:

  • Reformation im Herzogtum Lauenburg (1. März)
  • Die Ritter- und Landschaft des Herzogtums Lauenburg (3. Mai)
  • Seuchen und ihre Bekämpfung in früheren Jahrhunderten (19. Juli)
  • Gerichtswesen im Herzogtum Lauenburg seit dem Mittelalter (11. Oktober)
  • Führung durch die St. Petri-Kirche mit Erläuterungen zum Stand der Sanierungsarbeiten ( 6. November).

„Ein Gang durch die Lauenburgische Geschichte“ lautete der Vortrag, der auf der Jahreshauptversammlung der Landfrauen am 6. Februar im Seniorenwohnsitz Ratzeburg (SWR) gehalten wurde und einen Überblick über die Entwicklung des Kreises von der Zeit Heinrichs des Löwen bis in die Gegenwart gab.

Im Rahmen der Wanderausstellung „Neue Anfänge nach 1945“, die von der Nordkirche zwischen dem 14. Februar und dem 21. März 2017 im Ratzeburger Dom zu sehen war, hielt der Stadtarchivar am 28. Februar einen Vortrag zu dem „Lokalen Fenster“ dieser Ausstellung. In seinem Vortrag „Vom Heldendenkmal zum Mahnmal“ beschäftigte er sich mit dem Wandel der Gedenkkultur im Kreis Herzogtum Lauenburg. Dieser Wandel wird besonders an den zahlreichen Denkmälern für die Opfer der Weltkriege deutlich, die in fast jeder Gemeinde zu finden sind. Der Vortrag zeichnete die Geschichte der Denkmäler nach und verdeutlichte das Spannungsfeld, in dem diese Zeichen des kollektiven Gedächtnisses stehen.

Zum Jahresmotto des Seniorenwohnsitzes „Erinnern und Vergessen“ fand im dortigen Veranstaltungssaal am 11. September der Vortrag statt mit dem Titel „Das Gedächtnis unserer Städte – Bestände und Aufgaben unserer kommunalen Archive“.

Bei der Frühjahrsversammlung des Heimatbund und Geschichtsvereins Herzogtum Lauenburg / Bezirksgruppe Ratzeburg am 17. März im Seniorenwohnsitz wurde durch den Stadtarchivar ein Vortrag über die Geschichte des Elbe-Lübeck-Kanals gehalten.

Die Darstellung der Stadtgeschichte im Internet wurde in der Reihe „Archivale des Monats“ mit den Jahreschroniken 1950 bis 1954, 2014 und 2016 fortgesetzt.

Zu einem Interview zum 500. Jahrestag der Reformation wurde der Stadtarchivar in eine Sendung des Jugendradios Ratzeburg im „Offenen Kanal Lübeck“ am 16. Oktober eingeladen.

Zur seiner jährlichen Sitzung kam der Beirat der Hans-Jürgen Wohlfahrt-Stiftung am 3. Juli in Ratzeburg zusammen. Eine Entgeltordnung zur Nutzung von Werken des Fotografen wurde beschlossen.

Die vom Stadtarchiv zusammen mit der Tourist-Information und dem Grenzhus Schlagsdorf entwickelte Fahrrad-Grenztour wurde mit guter Beteiligung (19 Personen) am 15. August erneut durchgeführt.

Neben diesen „klassischen“ Angeboten probierte das Stadtarchiv Ratzeburg eine neue Form der Geschichtsvermittlung aus und lud am Sonnabend, den 6. Mai und am Sonnabend, den 1. Juli geschichtsinteressierte Läuferinnen und Läufer zu „Gejoggten Führungen“ rund um Ratzeburg ein. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten dabei die Möglichkeit, nicht nur etwas für ihre Fitness zu tun, sondern gleichzeitig die wunderschöne Landschaft rund um die Inselstadt zu genießen und spannende Informationen aus der Geschichte unserer Region zu erfahren.

Die erste Tour führte rund um den Küchensee und berührte so geschichtsträchtige Orte wie die St. Georgsberger Kirche, die Marienhöhe bei Farchau und das Schmilauer Ehrenmal. Auf der zweiten Tour standen Denkmäler und Gedenkstätten im Mittelpunkt. Vom Heinrichstein, dem ältesten Denkmal in der Region über den Friedhof am Steindamm bis zu Denkmälern für die Gefallenen der beiden Weltkriege führte die Route durch neun Jahrhunderte. Auf der dritten Tour am 9. September bewegten sich die Teilnehmer auf den „Spuren der Ratzeburger Kleinbahn“. Die Zahl der Teilnehmer blieb hinter den Erwartungen zurück, was vermutlich auf die schlechten Witterungsbedingungen zurückgeführt werden kann. Im kommenden Jahr soll diese Art der Führungen erneut angeboten werden.

Zugänge zum Archiv

Das Ratzeburger Stadtarchiv hat überdies auch weitere Archivalien in seinen Bestand aufgenommen.

Das Einwohnermeldeamt übergab dem Stadtarchiv im Februar die im Meldeamt noch vorhandenen älteren Meldeunterlagen. Die frühesten Meldebücher aus der Zeit bis Anfang der 1920er Jahre sind bereits seit Jahrzehnten Archivgut. Die auf Microfiches übertragenen Meldedaten aus der daran anschließenden Zeit bis Mitte der 1980er Jahre wurden jetzt in das Archiv übernommen. Vor allem für Anfragen zu Klärung offener Nachlassangelegenheiten und für genealogische Anfragen werden diese Daten häufig genutzt.

Ein Lehrbrief des Ratzeburger Müller-Amtes aus dem Jahr 1779 wurde als Spende an das Stadtarchiv abgegeben.

Aus dem Nachlass von Dr. Hinzpeter wurden zahlreiche Bücher zu stadt- und regionalgeschichtlichen Themen an das Archiv abgegeben (22. März).

Die Archivbibliothek, die bislang nur auf Karteikarten katalogisiert war, wurde in einer Excel-Liste erfasst (fast 1.600 Titel).

Die Regionalausgaben für das Herzogtum Lauenburg der „Lübecker Nachrichten“ (Juli 2016 bis Juni 2017) wurden eingebunden.