Seiteninhalt
16.08.2023

16 Jahre an der Gemeinschaftsschule Lauenburgische Seen
Interview mit Schulleiter a.D. Henning Nitz

Herr Nitz, Sie waren 16 Jahre Schulleiter der Gemeinschaftsschule Lauenburgische Seen in Ratzeburg und gehen jetzt zum Ende dieses Monats in Ihren Ruhestand. Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Diensttag?

Ja, ich kann mich noch sehr genau an meinen ersten Schultag als Schulleiter hier in Ratzeburg in der alten Ernst-Barlach-Realschule erinnern. Ich war früh um 7.00 Uhr der Erste im Schulgebäude und bin natürlich zuerst in mein Dienstzimmer gegangen, von dort aus in das noch leere Lehrerzimmer und im Anschluss durch die breiten Gänge des Altbaus. Ich hatte bereits einen Schlüssel und konnte somit auch in die Klassen- und Fachräume hineinschauen. Ab 7.30 Uhr begrüßte ich die ankommenden Kolleginnen und Kollegen und schaute in die neugierigen Augen der ebenfalls auch ankommenden Schülerinnen und Schüler. Durch die zugewandte Art aller Personen fühlte ich mich schnell wohl und habe dann auch meine erste Unterrichtsstunde in der 8b in meiner neuen Schule gegeben. Ich war am ersten Diensttag bis zum Abend in der Schule, da ich mir noch intensiv die Schulchronik anschaute und mich mit den bekannten Schulregeln auseinandersetzte. Voller gespannter Erwartung auf die nächsten Tage bin ich dann abends nach Hause gefahren.

Warum sind Sie Schulleiter geworden? Was hat Sie an dieser Aufgabe gereizt?

Bevor ich in Ratzeburg Schulleiter wurde, hatte ich in meiner alten Schule in Reinfeld bereits über viele Jahre hinweg in verschiedenen Funktionen im Schulleitungsbereich gearbeitet, zuletzt zwei Jahre selbst als Schulleiter der großen Realschule mit Hauptschulteil in Reinfeld. Ich habe in dieser Zeit erkannt, welche Möglichkeiten man hat, Schule weiterzuentwickeln und gleichzeitig habe ich auch immer die Notwendigkeit verspürt, Schule mit neuen Ideen und neuen Projekten zu verbessern. Nun hatte ich allerdings auch stets das Glück, Personen um mich herum zu haben, die ähnlich dachten und handelten wie ich. Und wenn neue Maßnahmen und Projekte gelingen, ist das ein tolles Gefühl.

Wie lange haben Sie gebraucht, um sich in Ihre Rolle als Schulleiter einzufinden?

Wegen meiner Vorerfahrungen ging dies sehr schnell. Zudem sind täglich Entscheidungen zu treffen, die kein langes Nachdenken zulassen und dich in deiner Leitungsfunktion ansprechen. So bin ich über die aktuellen Anforderungen und Herausforderungen sehr schnell in meinem Aufgabenfeld angekommen.

Was war dabei für Sie neu, worauf konnten Sie zurückgreifen?

Neu waren natürlich die Menschen um mich herum und das räumliche Umfeld. Jede Schule hat auch ein eigenes Schulklima, das ich zunächst erspüren und im Umgang mit der neuen Schulgemeinschaft erfahren wollte. Das war eine spannende Zeit. Die Aufgaben eines Schulleiters waren mir durch meine Vorerfahrungen im Groben klar. Jetzt ging es um Anpassungen und Abstimmungen.

Wie hat sich aus Ihrer Sicht die Gemeinschaftsschule in Ihren Dienstjahren entwickelt? Was waren besondere Meilensteine?

2009 begann schrittweise der Aufbau der Gemeinschaftsschule. Die Konzeptentwicklung war dabei nicht immer leicht. Dennoch führten auch die teilweise sehr kontrovers geführten Diskussionen stets zu guten Ergebnissen bei der Schulentwicklung.
Die Gemeinschaftsschule wuchs zu einer Größe heran, die räumlich auf der „Insel“ nicht mehr aufzufangen war. Die anfängliche Containerlösung war unbefriedigend und wir waren nachher sehr froh, endlich 2013 ein neues Schulgebäude in der Ratzeburger Vorstadt zu erhalten. Dabei hat uns der Schulträger zu jeder Zeit sehr gut ausgestattet, mittlerweile auch den Altbaubereich saniert und renoviert, so dass gute Lernbedingungen gegeben sind, die Schulatmosphäre gelobt wird und die Schulabschlüsse unserer großen Schülerinnen und Schüler sich ohne Zweifel gut sehen lassen können.

Die Coronazeit mit dem teilweise stark eingeschränkten Unterrichtsbetrieb haben wir durch gute, angepasste Maßnahmen auffangen können, dennoch war schon zu spüren, dass die Kinder sich an den Normalbetrieb erst wieder gewöhnen mussten. Überdies ist allerdings auffällig: Die Lehrerinnen und Lehrer übernehmen neben dem Unterricht zunehmend auch erzieherische Aufgaben im Umgang mit ihren Schülerinnen und Schülern. Entsprechend ist die Bedeutung der Schulsozialarbeit deutlich gestiegen. Die Bedeutung der Schule als wichtiger Sozialraum und Begegnungsstätte ist während der Coronazeit mit den eingeschränkten Lern- und Arbeitsbedingungen in Distanz sehr deutlich geworden. Den Kindern hat die Schule in Präsenz sehr gefehlt.

Welches waren dabei die größten Herausforderungen?

Die größte Herausforderung war, eine Schule für alle Kinder Ratzeburgs und der umliegenden Gemeinden zu entwickeln, die für jedes Kind den bestmöglichen Schulabschluss garantiert. Zugleich musste ein großes Schulhaus errichtet werden, das die große Zahl der angemeldeten Schülerinnen und Schüler aufnehmen kann. Wichtig war zugleich, über ein Kollegium zu verfügen, das Freude an der Arbeit hat und ebenso gilt es, Schülerinnen und Schüler und deren Eltern zu empfangen, die gerne bei uns sind und die Schulgemeinschaft gerne mitprägen wollen.

Wie viele Schulreformen haben Sie in Ihrer Dienstzeit als Schulleiter umsetzen müssen?

Die größte Herausforderung lag in der Umwandlung des älteren, herkömmlichen Schulsystems der Haupt- und Realschulen zu Gemeinschaftsschulen. Die besondere Schwierigkeit in Ratzeburg bestand darin, dass die beiden Hauptschulen mit den Grundschulen in guten Verbundsystemen standen und somit jeweils eine Einheit bildeten. Die Trennung war organisatorisch nur mit großen Hürden umzusetzen. Alle weiteren Anpassungen an neue Erlasse und Verordnungen haben im Allgemeinen wenige Probleme bereitet.

Woran erinnern Sie sich besonders gerne, wenn Sie an Ihre Zeit als Schulleiter der Gemeinschaftsschule denken?

Es war schön zu erleben, dass die Konzepte, Initiativen und Maßnahmen zu guten Ergebnissen geführt und die Schule erfolgreich gemacht haben. Und wenn man dann am Ende eines jeden Schuljahres gute Schulabschlusszeugnisse ausgeben darf, ist man sehr zufrieden und glücklich. Die im Allgemeinen freundlichen und höflichen Umgangsformen der Schülerinnen und Schüler haben mir ebenfalls sehr gut gefallen.

Was ist aus Ihrer Sicht unerledigt geblieben?

Die Gemeinschaftsschule Lauenburgische Seen ist gut aufgestellt und hat großes Entwicklungspotential. Es wäre schön, wenn es gelänge, das Offene Ganztagsangebot noch weiter auszubauen. Bei einer so gut ausgestatteten Schule liegen hier sicherlich noch konzeptionelle, aber auch konkrete Reserven.  

Herr Nitz, vielen Dank für das Gespräch.

(Das Interview führte Mark Sauer, Pressesprecher der Stadt Ratzeburg)

Quelle: Stadt Ratzeburg